cross-posted from: https://feddit.org/post/18498448

In Menden im Sauerland ist die Wohnung einer 17-Jährigen zu unrecht durchsucht worden. WDR-Recherchen zeigen: Es gab keinen stichhaltigen Verdacht. Der rechtswidrige Beschluss kam vom Amtsgericht Arnsberg. Pikant: Die Direktorin ist die Ehefrau des Bundeskanzlers, Charlotte Merz.

  • Flubo@feddit.org
    link
    fedilink
    arrow-up
    2
    ·
    edit-2
    6 days ago

    Oh krass. Heftige Geschichte. Da kommen bei mir schon einige Fragen auf… Das ist doch null verhältnismäßig. Kann man gegen sowas eigentlich klagen?

    • philpo@feddit.org
      link
      fedilink
      arrow-up
      8
      ·
      edit-2
      6 days ago

      Ja kann man. Das hilft dir aber nichts. Denn das Verfahren dauert dann Jahre, wird oft abgewiesen, musst du natürlich erstmal vorfinanzieren und selbst wenn du gewinnst: Cui bono?

      Die Entschädigung ist minimal wenn es überhaupt was gibt, du hast die Scherereien, musst in Vorleistung gehen, machst ggf. ein riesen Bullseye auf deinen Rücken für die faulen Äpfel bei dem Laden und wirkliche Konsequenzen gibt es nicht für die,die den Mist verbockt haben. Ich kenne Leute die gegen den selben StA und Ermittlungsbeamten 20 Klagen gewonnen haben. Ändert das was? Nö. Der StA ist aus einer Verhandlung wirklich mit dem Satz raus “na dann bis zum nächsten Mal” raus gegangen.

      Mir stößt das immer sehr sauer auf,da ich den Kontrast kenne: Ich hab im Rahmen meines Berufs (grob gesagt “rund um den Rettungsdienst”) oft mit Cops verschiedener Landespolizeien zu tun, hab schon Lehrveranstaltungen bei denen gehalten,etc. Du merkst,dass insbesondere viele junge Beamte und (mit größerem Anteil) Beamtinnen ethisch-moralisch durchaus richtig gepolt sind. Und das sind nachher die, die am meisten leiden, weil der Anteil an faulen Äpfel sie einerseits intern runter zieht,aber halt auch nach außen. Denn es gibt ne Menge “gute” Cops, es gibt ne Menge “mittelmäßige” aber schweigende Cops und eben einen relevanten Anteil an faulen Äpfeln.

      Das merkt man auch ganz praktisch - wenn du als Rettungsdienstler bei den Cops bekannt bist oder ne RD Jacke am Rücksitz hattest sind die Chancen,dass du bei anlasslosen Kontrollen durchgewunken wirst oder bei tatsächlichen Verstößen ne Verwarnung kriegst plötzlich 100x höher.(Deswegen hab ich das bei meinen MA frühe strikt verboten). Ich hatte in meiner Funktion als Einsatzleiter ne Zeit lang ein verdecktes Dienstfahrzeug - vergleichbar mit einer Zivilstreife. Spätestens da hast du de facto bei vielen Beamten Narrenfreiheit.

      Und umgekehrt? Wie gesagt,ich war früher bei den Linken aktiv, auch in Funktion. Da merkst du halt die andere Seite. Du bist der Feind. Punkt. Selbst wenn du mit parlamentarischen Beobachtern (=Bundestagsabgeordneten!) unterwegs bist, dich am Rand aufhälst, vorher mit dem Polizeiführer sprichst. Für die Zugführer vieler BePos (Gruss an die LaPo Bayern,das USK, die LaPo Sachsen, die LaPo Berlin und insbesondere die LaPo HH) bist du Abschaum - was sie dir so auch ins Gesicht sagen.

      Da sagt also ein nicht mal 30 jähriger Hampelmann deiner über 60 jährigen, langjährigen Bundestagsabgeordneten, also einer der höchsten Vertreterinnen der Demokratie,sie wäre “Abschaum”, “müsse vernichtet werden” und nennt sie “Zecke”. Wohlgemerkt als Führungskraft und Vorbild. Du kannst sie dafür natürlich nicht belangen - denn ihre Untergebenen haben im Zweifelsfall nix gehört weil sie ihre Karriere nicht kaputt machen wollen&im Zweifelsfall selber schikaniert werden, die Leute sind nicht gekennzeichnet und gezielte Videoaufnahmen sind ja nun auch nicht erlaubt (und selbst die erlaubten werden ja gern unterbunden&die Geräte rechtswidrig eingezogen…oder fallen halt mal hin)

      Schönes Beispiel übrig: https://www.tagesspiegel.de/berlin/vier-beamte-in-berlin-angeklagt-polizist-misshandelt-mann-in-alex-wache--ex-kollegen-belasten-ihn-schwer-13982231.html

      Kurzum: Wir haben ein massives Problem. Nicht mit allen Beamtinnen und Beamten. Die meisten Beamtinnen und Beamten sind imho in Ordnung. Das Problem ist,dass das System Polizei so aufgebaut ist,dass es die faulen Äpfel nicht aussortiert, selbst wenn es Vorgesetzte probieren (ein Bekannter von mir ist Dienstgruppenleiter gewesen und schier verzweifelt), das es diese teilweise sogar fördert. Eben weil wir so rechte Pseudogewerkschafter wie Ostermann (der übrigens führendes CDU Mitglied ist), Wendt und ähnliche haben, Innenminister die sich geil in ihrer Law&Order Haltung finden die jede Beschneidung von Polizei-“haben wir schon immer so gemacht” Willkür als Kastration sehen und weil die Mehrheit derjenige die unter sowas leidet marginalisierte Gruppen sind.

      In dem Rahmen muss ich (als Linker!) mal eine Lanze für die Bundeswehr treffen. Mit denen habe ich tatsächlich beruflich noch mehr zu tun auf allen Ebenen und da gibt es natürlich genauso rechte und verfassungsfeindliche Umtriebe, Leute die unsauber arbeiten,etc. Aber: Die BW hat im Gegensatz zu den Landespolizeien und der BePo tatsächlich das erklärte Ziel des “Bürgers in Uniform” und der “Verfassungsverteidigung” und tut im Vergleich zu den Polizeien viel für die politische Bildung, insbesondere ihrer Führungskräfte. So sehr ich vdL gehasst habe, aber: Man stelle ich vor, dass es bei den Landespolizeien hunderte unangemeldeter Kontrollen in Liegenschaften gäbe und geprüft wird was da so aushängt oder in Spinden hängt. Hui.Den Skandal will sich kein Innenminister anhängen. Im Endeffekt ist das auch die Lösung denke ich: Wiederkehrende politische Bildung, unabhängige Kontrollen, nachvollziehbare und transparente Prozesse.

      Fun fact: Bei den StAs ist es ja nicht anders - ich kenne Oberstaatsanwälte die dicke mit prominenten Reichtsbürgern sind,etc. Und natürlich obliegen die StAs in DE der Weisungsgebundenheit. Das sorgt übrigens für Einschränkungen beim europäischen Haftbefehl und würde heute einen EU Beitritt Deutschlands nicht möglich machen. Von den neuen Beitrittsländer verlangt man nämlich vollständig unabhängige Staatsanwaltschaften.

      • Kissaki@feddit.org
        link
        fedilink
        Deutsch
        arrow-up
        5
        ·
        6 days ago

        Krass, danke für das ausführliche Teilen deiner Erfahrungen und Einschätzung.

        • philpo@feddit.org
          link
          fedilink
          arrow-up
          1
          ·
          6 days ago

          Danke dir. Hab noch ne weitere Antwort dran gehängt,steht aber unter einer anderen Antwort.

        • philpo@feddit.org
          link
          fedilink
          arrow-up
          4
          ·
          6 days ago

          Danke dir für das Lob. Erstmal hier noch eine andere Betrachtung aus einem früheren Thread als Ergänzung: https://feddit.org/comment/8755937

          Und damit das nochmal klar ist: Ich habe kein Problem mit Polizisten oder der Institution Polizei. Gerade aus meiner politischen Seite hört man ja gern dieses “… ACAB” oder “lieber Hartz als Bulle” Blödsinn. Und es ist genau das: Blödsinn.

          Ich stände heute nicht hier,wenn mir nicht zwei Mal Kollegen der Polizei den Arsch gerettet hätten (1x LaPo Bayern, 1x eine australische Landespolizei). Und ich habe Staaten von nahem kennen gelernt die kein funktionierendes Polizeiwesen haben. (Wer sehen will wohin das führt lese sich zum Lottoaufstand in Albanien ein)

          Wie angesprochen: Es gibt jede Menge super korrekte und ethisch-moralische Polizistinnen und Polizisten. In allen Altersgruppen. Es gibt viele die so mittelmäßig korrekt sind - aber eher weil eben die Mehrheit der Menschen ihren Job so mittelmäßig gut macht. Sie machen ihren Job, aber schwimmen halt manchmal auch mit.

          Aber die Institution muss reformiert werden, wir brauchen eine unabhängige Aufsicht (nicht "ne Abteilung im LKA besetzt durch Ex Polizisten die durch die selben Staatsanwaltschaften betreut werden die mit den Ermittlungen des Tagesgeschäfts mit den Beamten zusammen arbeiten gegen die ermittelt wird), wir brauchen wie angesprochen kontinuierliche politische Bildung und politische Resilienzinitativen, wir brauchen Transparenz und Nachvollziehbarkeit an den Stellen wo es Sinn macht.

          Für wen? Zu aller erst für die Beamtinnen und Beamten selber. Denn das schützt diejenigen die wir ja eigentlich als Gesellschaft haben wollen. Die “guten” Polizistinnen und Polizisten.

          Übrigens gibt’s dazu durchaus innerhalb der Polizei jede Menge Ideen,Konzepte und auch wissenschaftliche Forschung. Die Polizeihochschulen heißen nicht zum Spaß so. Nur will es halt keiner umsetzten.